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Interview von Laurent Dubost, fabrik Potsdam

>> Portrait von Irene Sieben, Tanzkritikerin

Muss Paula E. Paul als Politesse arbeiten?
Paula E. Paul gilt als Arbeitsexpertin, denn sie hat schon die unterschiedlichsten Varianten der Arbeitsannäherung getestet. Daraus sind die zeitgleich humorvollen und kritischen Tanzstücke häschen hops und Tanz.Maß.Name. entstanden.

Paula, wirst du am 1. Mai arbeiten?
Selbstverständlich, werde ich! Wir werden auf der Bühne der fabrik Potsdam tanzen und die selbstentworfene Arbeit zeigen dürfen, was heutzutage ein Privileg ist!

Was heißt Arbeit für eine Choreographin? Kann man überhaupt sagen, dass Künstler arbeiten?
Oh ja, ich denke schon. Ich finde, dass Künstler sogar eine sehr komplexe Arbeit haben. Um das Kreative zu ermöglichen, müssen sie eine sehr intensive und zeitaufwändige Vorarbeit leisten: der Anteil für Organisation, Einarbeitung, Planung, Konzepte nimmt viel Zeit in Anspruch. Ich selbst arbeite immer mit einem thematischen Aufhänger, und verbringe viel Zeit mit Recherchieren und Querlesen. Die choreographische Entwicklung des Stückes ist nur ein kleiner Teil des Prozesses, aber auch ein sehr intensiver und strukturierter Teil.

In deinem Stück häschen hops spielt das Arbeitsamt eine große Rolle. Welche und warum?
Das Thema ist aus den Zuständen geboren. Gemeinsam mit meinem Mitspieler Harald Thiemann ist dieses Stück fast von selbst aus uns gequollen, das war gar nicht so geplant. Ich hatte immer wieder mit dem Arbeitsamt zu tun, war dort ab und an gemeldet. Es ist ein Ort, an dem man sich eine Berechtigung für seine Existenz holen muss. Fragen von Flexibilität, Zumutbarkeit und Beschimpfungen seitens des A.A. wurden in diesem Stück ad absurdum geführt.

Am 27. April hat Tanz.Maß.Name. in der fabrik Premiere. Spielt darin die Arbeit auch eine zentrale Rolle?
Ja, aber nicht nur! Tanz.Maß.Name. ist unsere eigene Beschäftigungsmaßnahme, sozusagen als direkt Betroffene, damit wir nicht als Politesse, Gärtner oder sonstigen ungelernten Tätigkeiten zwangsweise beschäftigt werden. Als Künstler haben wir die Möglichkeit, diesem Zwang durch eigene Beschäftigungsmaßnahmen, nämlich selbst Stücke über dieses Thema zu entwerfen, zu entfliehen. Das ist ein Luxus! Es ist seit Hartz IV kompliziert, sich in dieser Struktur zu Recht zu finden. Also habe ich mich entschieden meine eigene ICH AG zu gründen, um Hartz IV zu umgehen. Ausgangspunkt von Tanz.Maß.Name. waren tatsächliche Geschichten von Kollegen und Bekannten, die ich in einem geschriebenen Text aneinander gereiht habe. Nach dem Motto: Jeder macht heute, was er am schlechtesten kann, weil er in Aktivitäten gesteckt wird, in denen seine Qualifizierung nicht genutzt wird. Es löst eine Kettenreaktion aus, da in solchen Maßnahmen sich die Menschen gegenseitig verdrängen, anstatt sich zu ergänzen. Was für ein vergeudetes Potenzial! Die Frage ist nur, wie lange sich eine Gesellschaft so was leisten kann.

Wo liegt für dich die Zukunft der Arbeit?
Arbeit muss heute neu definiert werden! Das ist auch das Thema von "häßchen hops": Arbeit wird heute fast nur noch als Job verstanden, es kann und sollte jedoch viel mehr sein. Wir brauchen einen neuen Umgang mit dem Begriff, damit bestimmte Arbeiten auch akzeptiert werden, wie u.a. die künstlerische und kreative Arbeit im weitesten Sinn. Ich bin froh, dass ich mit meiner Beschäftigung, auch wenn sie manchmal als sinnlos oder überflüssig betrachtet wird, wenigstens keinen Schaden anrichte.

 

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